Limeswanderung am 15.09.2019
Etwas ratlos standen sie da und fragten sich, was sie mit dem Bildschnipsel anfangen sollten, den sie in Händen hielten. Gleich zu Beginn der Wanderung ließ Christa Deringer jeden der 25 Teilnehmer ein zerschnittenes Fototeil ziehen mit der Aufgabe, den dazu gehörigen Rest zu finden und später während der Wanderung das Fotomotiv zu identifizieren. Und hatte man es gefunden gab es eine kleine Anerkennung. Am Ende war niemand ohne Belohnung geblieben.
Vom blauen Himmel strahlte die Sonne angenehm wärmend und Walter Deringer begrüßte die Gruppe mit einem Zitat von Theodor Fontane:
“Ob du wandern sollst, fragst du?
Ja, aber unter Vorbedingungen.
Wer wandern will, der muss
zunächst Liebe zu Land und Leuten entwickeln,
zumindest keine Voreingenommenheiten.
Er muss den guten Willen haben,
das gute zu finden, anstatt
es durch Vergleiche tot zu machen“
Dann setzten sich alle in Bewegung und binnen kurzem hatten die ersten ihr Fotomotiv gefunden. Wenig später stand man an einem weithin sichtbaren rekonstruierten Limeswachturm.
Der Limes ist ein herausragender Beweis für die Meisterschaft römischer Vermessungskunst vor 2000 Jahren. Kerzengerade zieht er kilometerweit durch das Land, ohne Rücksicht auf Geländehindernisse. Deshalb wurde er mit 550 km Länge als größtes Bodendenkmal Europas zum Welterbe erhoben. Walter Deringer zeigte den damaligen Verlauf des Grenzwalls anhand der noch schwach sichtbaren Bodenwellen und erklärte den Aufbau und die Sicherung der Befestigung.
Der Limes-Wanderweg folgt dem ehemaligen Grenzverlauf geradlinig nach Norden, quer durch tief eingekerbte Schluchten, welche heutzutage leicht mit Hilfe von Treppen überwunden werden können.
Und dann steht man vor zwei Stelen, die mit antiker Geschichte nichts zu tun haben, aber an ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte erinnern: Auf der einen prangt in der Mitte eine weiße Rose, die andere trägt Fotos von Hans und Sophie Scholl, sowie deren Eltern. Hier gab Marlies Roth mit interessanten und fesselnden Ausführungen einen kurzen Überblick über die Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Das Denkmal steht an dieser Stelle, weil von hier aus das Geburtshaus des Vaters von Hans und Sophie Scholl im Weiler Steinbrück zu sehen ist.
Weiter ging es am antiken Grenzverlauf des Limes entlang. Anhand eines kleinen Rollenspiels wurde gezeigt, dass der Limes mehr Wirtschafts- und Kontrollgrenze war, weniger militärisches Bollwerk.
Inzwischen war es früher Nachmittag geworden und manch ein Magen begann bedrohlich zu knurren. Deshalb kam das „Forellenparadies“ – eine Gruppe künstlich angelegter Seen, sehr gelegen. Hier konnten gegrillte Forellen, Würstchen, Eis und Getränke erworben werden, ein idealer Ort für die Mittagspause.
Der zweite Teil der Wanderung verlief durch ehemaliges alemannisches Gebiet, vorbei an kleinen Weilern mit bedrohlich kläffenden Hunden, abwechselnd auf befestigten, geschotterten und naturbelassenen Wegen.
Noch eine kurze Rast an einer im Wegdreieck stehenden Linde und ein letztes Mal versetzte Walter Deringer die Gruppe in Gedanken fast 1800 Jahre zurück. Das war die Zeit in welcher der Limes mehrfach überrannt worden war und im Jahr 260 nach einem großen Alemannensturm endgültig aufgegeben wurde.
Damit neigte sich die Wanderung langsam dem Ende zu. Geißelhardts Kirchturm, der über die Felder ragte, wies den Weg zurück zum Ausgangspunkt.
Bei der Schlusseinkehr in der „Dorfschenke“ in Gailsbach nutzte Hans van Luijk die Gelegenheit, den Wanderführern mit launigen Worten für die mit Überraschungen angereicherte Wanderung herzlich zu danken.